Freitag, 21. Januar 2011

Herbert, Xavier, Philipp, Alin, Tom, Judith

Während ich Zuhause sitze und Wir sind Helden höre, auch so ein ganz wichtiger Leitstern in der deutschsprachigen Popmusik, denke ich an den vergangenen Abend. An Herbert Grönemeyer, Philipp Poisel, Xavier Naidoo, Alin Coen, Tom Liwa, Jochen Distelmeyer und heute völlig unbekannte Berliner Jazzer für 12 Mark. Was da alles zusammenkam, im Kultclub Zeche. Wenn die Nachwehen der beschwerliche Reise ins entfernte Weitmar endlich aus den Knochen weichen, wird klar, was hier zu erleben ist mit Auge und Ohr am Puls der Zeit: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Popgeschichte. Auf der Bühne: Philipp Poisel, eine Entdeckung vom "berühmtesten Sohn unserer Stadt" (Zitat Durchschnittsbürger) Herbert Grönemeyer, verlegt auf dessen Label Grönland. Philipp Poisel hat einen Pathos wie Herbert, singt wie Xavier Naidoo, nur knödeliger und wenn er spricht, dann wie ein Marathonläufer bei Kilometer 39. "Der hat einen Atemfehler", vermutet meine Begleiterin Miriam. Beim Singen fällt das gar nicht weiter auf. Aber die Texte, auch wenn sie nicht den Höhepunkt der abendländischen Lyrik darstellen, kann er niemals selbst geschrieben haben. Er sagt nämlich Sätze wie: "Ich wollte immer ein Album machen, wo eine Aussage hat." Trotzdem hängen hunderte junger Frauen, ja, man möchte sie als Mädchen bezeichnen, an seinen Lippen, raunen braungebrannte Surferromantik durch den geschichtsträchtigen Saal und kneifen manchmal ihre Partner in den Hintern: "Kannst du nicht auch mal so süß sein, wie der?" Wenn irgendwann alles gleich klingt, ist genug Zeit, den Wandbehang zu studieren: Ein Zechenprogramm aus dem Jahr 1981. "Wolfgang Niedeckens BAP" spielen da für 8 Mark, ermäßigt 6. Ein Berliner Jazzprojekt (Ukundu Maluku?) hingegen kostet stattliche 18 Mark. Verkehrte Welt. Heute spielen BAP vor hundertausenden im Hyde Park, während es in Berlin gar keinen Jazz mehr gibt, sondern nur noch Techno und vereinzelt Songwriting. Im genialen Nebenraum malt schon die fleißige Vorband Plakate (CDs und Poster hier!!!). Warum der Nebenraum genial ist? Weil da auf einem Monitor und in guter Soundqualität das Konzert zu verfolgen ist und man dabei Kickern kann. Wer die Vorband ist? Alin Coen aus Weimar, die eigentlich mal ein Album mit Tom Liwa aufnehmen wollte, jetzt aber mit Band beim Label "Pflanz einen Baum" gelandet ist. "Es gibt nur noch Illuminaten oder liebenswerte Spinner im Biz", findet Tom per SMS. Und Alin erklärt: "'Pflanz einen Baum' war so ein Metal-Core-Hit von uns", und grunzt es mir ins Ohr: "PFLANZ! EINEN! BAUM!". Ja, liebenswerte Spinner. Wie hab ich nochmal angefangen? Achja: Wir sind Helden. Die Platte ist jetzt zu Ende. Neues Best-of-Album heißt "Tausend Wirre Worte" enthält wirklich Hits Hits Hits. Muss jetzt aber zum Schluss kommen. Fehlerkorrektur und lustige Links folgen demnächst. Danke.

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